Arbeitsrechtliche Besonderheiten
Liegt eine Schwerbehinderung von einem Grad der Behinderung von mindestens 50 vor (§ 2 Absatz 2 SGB IX) oder eine Gleichstellung gemäß § 2 Absatz 3 SGB IX vor, dann bestehen im Arbeitsrecht Schutzvorschriften:
Besonderer Kündigungsschutz
Es besteht insbesondere bei der Kündigung ein besonderer Schutz. So ist vor der Kündigung durch den Arbeitgeber grundsätzlich das Integrationsamt zu der Kündigung der hörgeschädigten/ gehörlosen Person zu befragen. Der Arbeitgeber benötigt für eine Kündigung die Zustimmung des Integrationsamtes. Dies regelt § 168 SGB IX. Das bedeutet also, dass eine Kündigung nicht wirksam ist, wenn sie ausgesprochen wurde, ohne das Integrationsamt zu befragen.
Das Integrationsamt muss jedoch nicht bei allen Kündigungen zustimmen:
wenn ein Arbeitsverhältnis noch nicht länger als 6 Monate besteht (§ 173 Absatz 1 Nr. 1 SGB IX) und die hörgeschädigte/ gehörlose Person gekündigt wird,
- wenn ein einvernehmlicher Aufhebungsvertrag besteht,
- wenn eine Kündigung durch eine hörgeschädigte/ gehörlose Person vorliegt oder
- wenn bei einem Arbeitsverhältnis die Frist abgelaufen ist.
Das Integrationsamt muss auch dann um Zustimmung befragt werden, wenn die Schwerbehinderung noch nicht anerkannt worden ist. Denn es reicht aus, dass die hörgeschädigte/ gehörlose Person objektiv schwerbehindert ist. Das bedeutet, dass es ausreicht, wenn nach objektiven Maßstäben ein Grad der Behinderung von mindestens 50 oder mehr vorliegt, auch wenn dieser noch nicht festgestellt wurde. Es muss jedoch ein Antrag auf Feststellung der Schwerbehinderung mindestens 3 Wochen vor dem Zugang der Kündigung gestellt worden sein. Denn der schwerbehinderte Arbeitnehmer soll vollumfänglich geschützt werden.
Allgemeiner Kündigungsschutz
Neben dem besonderen Kündigungsschutz besteht auch noch der allgemeine Kündigungsschutz. Dieser allgemeine Kündigungsschutz ergibt sich aus dem Kündigungsschutzgesetz. So muss sich die hörgeschädigte/ gehörlose Person innerhalb von 3 Wochen ab Zugang der Kündigung durch eine Klage beim Arbeitsgericht wehren, um die Kündigung rechtsunwirksam zu bekommen. Das normiert § 4 Satz 1 Kündigungsschutzgesetz. Bei Kündigungen, wo vor der Kündigung eine Zustimmung des Integrationsamtes erforderlich ist beginnt die Frist für die Erhebung der Klage nicht mit dem Zugang der Kündigung, sondern erst, wenn auch die Zustellung der Zustimmung durch das Integrationsamtes an die hörgeschädigte/ gehörlose Person erfolgt ist.
Technische Arbeitshilfe
Unter bestimmten Voraussetzungen kann die hörgeschädigte/ gehörlose Person bestimmte Arbeitshilfen beim Integrationsamt erhalten. Dazu zählen insbesondere Lichtsignalanlagen, Telefonhörer mit Verstärkersystem, Bild- und Schreibtelefone, Handys, Mikroportanlagen sowie optische Signale an Maschinen.
Arbeitsassistenz
Hat die hörgeschädigte/ gehörlose Person erheblichen Unterstützungsbedarf kann sie einen Anspruch auf Arbeitsassistenz haben. Im Sinne der Gleichstellung soll hörgeschädigten/ gehörlosen Personen damit ermöglicht werden, trotz der Behinderung am Arbeitsleben teilzunehmen. Zwar muss die hörgeschädigte/ gehörlose Person die Arbeitsleistung selbstständig erbringen, jedoch ist eine Unterstützung am Arbeitsplatz erlaubt. Diese Unterstützung muss notwendig sein. Die Notwendigkeit besteht dann, wenn der Arbeitsplatz nicht anders behindertengerecht gestaltet werden kann oder wenn eine Unterstützung durch Kollegen nicht möglich ist, um die Arbeitsleistung zu erbringen. Die Arbeitsassistenz soll dann diese Lücke ausfüllen. Bei hörgeschädigten/ gehörlosen Personen kommt insbesondere in Betracht: Kommunikationshelfer, Gebärdensprachdolmetscher, Schriftdolmetscher oder eine Mitschreibkraft.
Urlaub
Hörgeschädigte/ gehörlose Personen haben in der Regel Anspruch auf einen bezahlten Zusatzurlaub gemäß § 208 SGB IX. Dieser Zusatzurlaub beträgt 5 Tage. Schwerbehinderte gleichgestellte hörgeschädigte/ gehörlose Menschen profitieren jedoch nicht von dem Zusatzurlaub. Das regelt § 151 Absatz 3 SGB IX.
Befreiung von Mehrarbeit
Die hörgeschädigte/gehörlose Person kann sich von Mehrarbeit befreien lassen. Das regelt § 207 SGB IX. Das bedeutet, dass eine hörgeschädigte/ gehörlose Person nicht mehr als 8 Stunden am Tag arbeiten muss.